Dennis Rohde und Michael Groß beim FSJ-Seminar zur politischen Bildung
LK OLDENBURG. Wie geht's eigentlich unserer Demokratie? Darüber haben zahlreiche FSJ'ler*innen jüngst bei einem mehrtägigen Workshop in den Gästehäusern Sandkrug diskutiert. In einer Zeit, in der demokratische Werte zunehmend unter Druck geraten und gesellschaftliche Polarisierung zunimmt, ist die politische Bildung junger Menschen wichtiger denn je. Fachliche Impulse gab es deshalb unter anderem von MdB Dennis Rohde, Michael Groß (Präsident AWO Bundesverband), Ulla Groskurt (Vorsitzende des Präsidiums, AWO Weser-Ems) und Thore Wintermann (Vorstand Verband und Politik ebenda).
„Total spannende Debatten mit jungen Menschen, die sich viele Gedanken über unser Land machen", habe Dennis Rohde (SPD) vor Ort erlebt. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen – gebürtiger Oldenburger, Vorsitzender des SPD-Bezirks Weser-Ems und AWO-Mitglied – hatte als prominenter Gast des FSJ-Wahlseminars „Meinung, Mehrheit, Mitbestimmung – Möge die Macht mit dir sein!" viele Antworten, aber noch mehr Fragen. Beispielsweise, was aus Sicht der Teilnehmenden denn schlecht in Deutschland laufe? Dazu konnten die jungen Menschen sogleich reichlich Diskussionsstoff beitragen. Aber was ist mit positiven Aspekten? Auch dazu gab's eine Menge zu berichten, wenngleich nicht auf Anhieb. „Sie haben selbst gemerkt, dass sie darüber erst einmal nachdenken mussten", so Rohde. Das zeige möglicherweise auch, dass sich viele Menschen manchmal allzu sehr auf das Negative fokussieren.
Michael Groß, Präsident der Bundes-AWO, stattete den hiesigen FSJ'ler*innen in Weser-Ems auf seiner Sommertour durch Deutschland erneut einen Besuch ab. Schon vor drei Wochen kam er mit rund 100 Freiwilligen in Austausch, hörte sich deren Sorgen und Nöte an, versprach dort wie hier aber auch, dass die AWO sich weiterhin um ein starkes Freiwilliges Soziales Jahr mühen werde. „Das FSJ ist ein wichtiger Baustein für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir als AWO müssen daher dafür streiten, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Finanzierung der Arbeitsfelder stimmen. Und wir müssen dafür sorgen, dass unsere Demokratie wetterfest bleibt." Veranstaltungen wie diese würden dabei helfen: „Wir lernen aus den Gesprächen, was wir besser machen können und wofür wir uns einsetzen müssen."
Idealer Rahmen zur politischen Bildung
Davon hat Anne Brandt, Leiterin der AWO Beratungsstelle für Freiwilligendienste, eine ziemlich genaue Vorstellung: „Die Politische Bildung in den Seminaren fördert das kritische Denken und hilft den Freiwilligen, gesellschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, ihre eigene Rolle darin zu reflektieren. Die Freiwilligen lernen in ihren Einsatzstellen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Entsprechend unterstützen wir die Freiwilligen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ermutigen zur aktiven Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen." Schließlich bietet das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) dafür einen idealen Rahmen. Junge Menschen begegnen gesellschaftlichen Herausforderungen, erleben Vielfalt und übernehmen Verantwortung, erfahren so aber auch ganz praktisch, was demokratisches Handeln bedeutet. Ob im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich: Wer im FSJ tätig ist, setzt sich aktiv für andere ein und erfährt dabei unmittelbar, wie Mitbestimmung, Solidarität und Engagement unsere Gesellschaft tragen. Hier entstehen Haltungen, die weit über das Freiwillige Soziale Jahr hinaus wirken.
Kein Selbstläufer
„Ich bin beeindruckt, in welcher Tiefe die jungen Leute hier politische Themen diskutiert haben", sagt Thore Wintermann (Vorstand Verband und Politik). Auch er hatte in verschiedenen Workshops mit den Teilnehmenden über Armut und Freiheit, Rechtsstaatlichkeit oder Grund- und Menschenrechte gesprochen. „Ich nehme mit, dass es offenbar sehr viel Sorge um die Demokratie gibt, dass diese nicht gelebt werde, nicht die richtigen Ergebnisse erzeuge." Die zentrale Botschaft aus allen Gesprächsrunden: Demokratie ist kein Selbstläufer, sondern lebt nur dadurch, dass jeder mitmacht.
Dem stimmt auch Piet Pieper von der AWO Beratungsstelle zu, der die Demokratie-Workshops federführend koordinierte. „Es kommen hier ganz unterschiedliche Menschen mit völlig verschiedenen Hintergründen zusammen, hier tauschen sie sich aus und lernen voneinander. Das ist in dieser Form einmalig. Wenn es darum geht, sich für etwas einzusetzen, sich Gehör zu verschaffen und mitzuentscheiden, sind Räume wie diese für eine demokratische Gesellschaft unabdingbar."
Und so sehr die Politiker*innen- und Parteiverdrossenheit in Deutschland auch wachsen mag, gibt es zuweilen doch Verständnis und Zuversicht, wie Dennis Rohde beim Workshop erfuhr. „Tatsächlich war ein junger Mensch dabei, der sagte, er meditiere viel und verstehe gar nicht, weshalb sich so viele Menschen so aufregen – weil Deutschland doch eigentlich total super sei. Und wenn man ein bisschen mehr in sich ruhen würde, könne man das auch viel besser wahrnehmen", so Rohde zum Ende des Seminars mit einem Augenzwinkern, „und ich finde, das sind echte Überlebenstipps, die man beherzigen sollte!"
WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA
Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ...
... oder ein anderer Freiwilligendienst bietet jungen Menschen (die die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres) die einmalige Chance, sich zu orientieren, soziale Kompetenzen zu stärken und berufliche Perspektiven auszuloten. In einer Zeit, in der die Vielzahl an Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten oft überfordert, schafft ein Freiwilligendienst praxisnahe Einblicke in Berufe im sozialen, pädagogischen oder pflegerischen Bereich – Erfahrungen, die im Schulalltag oft zu kurz kommen. Freiwilligendienste sind nicht nur individuell wertvoll. Sie sind auch gesellschaftlich hochrelevant. Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels leisten die Freiwilligen einen wichtigen Beitrag zur Entlastung von Fach- und Hilfskräften in den Einrichtungen. Sie übernehmen verantwortungsvolle Aufgaben, lernen Organisationen und deren Klientel kennen und entdecken dabei oft ihre Berufung im sozialen Bereich.
Freie Plätze ...
... für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder auch den Bundesfreiwilligendienst (BFD) gibt es noch in vielen Regionen Niedersachsens. Ob für die Schulbegleitung, in der Kita, im Wohnheim oder anderen spannenden Aufgabenbereichen: Eine Bewerbung lohnt sich in jedem Fall. Mehr Infos zu den Themen FSJ und BFD unter https://www.freiwilligendienste-awo.de/
Der AWO Bezirksverband Weser-Ems ...
... bietet mit seinen über 4000 Mitarbeitenden zwischen Nordsee und Osnabrücker Land soziale Dienstleistungen in rund 80 Einrichtungen rund um Pflege, Kinderbetreuung, psychosoziale Teilhabe und Beratung an. Als politischer Verband vertritt dieser die Interessen der Menschen in der Region und setzt sich für eine demokratische und gerechte Gesellschaft ein. Beteiligungs- & Spendenmöglichkeit: https://www.awo-ol.de/Aktuelles-Presse/Spenden/
Die Arbeiterwohlfahrt ...
...gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege. Bundesweit wirken in ihr über 300.000 Mitglieder, mehr als 72.000 ehrenamtlich Engagierte und 242.000 hauptamtliche Mitarbeiter*innen, um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen. Mehr zu Jobs und Menschen: https://www.awo-ol.de/Aktuelles-Presse/Multimedia/