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Kinderbetreuung: Stabilisierung des Angebots mit Bundesmitteln


02. August 2023

Mit Zuschüssen in Höhe von 374 Millionen Euro will der Bund in den kommenden beiden Jahren die Qualität der niedersächsischen Kindertagesstätten steigern – das schließt Investitionen ins Personal und die Qualifizierung von Fachkräften ein. Die AWO Weser-Ems begrüßt diese Entscheidung ausdrücklich, wünscht sich aber auch die zeitnahe Umsetzung ganz konkreter Maßnahmen und nicht allein eine Zuteilung nach dem Gießkannenprinzip.

„Einen Kitaplatz zu bekommen, ist an vielen Orten ein Lotteriespiel. Nicht etwa, weil es an Räumlichkeiten mangelt – hier wurde in der Vergangenheit ja schon häufiger in Steine investiert –, sondern weil das Fachpersonal fehlt", sagt Dr. Harald Groth, Vorsitzender des Präsidiums im Bezirksverband der AWO Weser-Ems. Die grundsätzlichen strukturellen Probleme auf der einen, dazu akute Gruppenschließungen und erhebliche Ausfallzeiten auf der anderen Seite – „das alles geschieht nicht nur zum Leidwesen von Eltern und Arbeitgebern, die ihren Ärger verständlicherweise kundtun, sondern auch auf dem Rücken der so engagierten Teams vor Ort und insbesondere zum Nachteil der Kinder. Kinder ohne Kita-Bildung haben es in der Grundschule oftmals deutlich schwerer als andere", so Groth.

Wenn in wenigen Tagen das neue Kita-Jahr beginnt, scheint die Situation im Land so verfahren wie selten zuvor: „Anmeldezahlen, die weit über die tatsächlichen Kapazitäten in den Einrichtungen hinausgehen, dazu nach wie vor ein Mangel an Fachkräften, der irgendwie verwaltet werden muss", sagt Thore Wintermann, Vorstand Verband und Politik. Als Trägerin mehrerer Kindertagesstätten und Sprachheilkindergärten im Weser-Ems-Gebiet sieht die AWO daher fünf vordringliche Handlungsfelder, die es rasch mit den Zuschüssen zu optimieren gilt, um wieder mehr Menschen für diesen Herzensberuf begeistern und (re)aktivieren zu können.

- Ausbildungsvergütung: In der fünfjährigen Ausbildung – zwei Jahre bis zur Assistenz, drei weitere Jahre bis zur pädagogischen Fachkraft – wird aktuell für die Zeit an der Berufsfachschule keine Ausbildungsvergütung gezahlt. Dies unterscheidet sich massiv von nahezu allen anderen Ausbildungszweigen. Soll die Ausbildung zur pädagogischen Fachkraft in Kitas interessanter werden, muss hier unbedingt angesetzt werden und eine finanzielle Gleichbehandlung erfolgen.
- Gleichstellung: Wer mit abgeschlossener Ausbildung aus anderen Berufen in die KitaArbeit wechselt, sollte sicher sein, dass seine Vor-Bildung angemessen anerkannt und berücksichtigt wird. Mehr als bisher müssen dreijährige Umschulungen dualistisch und praxisintegriert (PIA) – wie in anderen Bundesländern – auch in Niedersachsen zur Regel werden, um Fördertöpfe vereinfacht nutzen und so schneller Mitarbeitende überzeugen und binden zu können.
- Tarifbindung: Eine Tarifbindung für Mitarbeitende sollte die Regel sein, um öffentliche Mittel zu erhalten.
- Verbesserte Arbeitsbedingungen: Hier also ein engerer Kind-Fachkraft-Schlüssel, mehr Zeit für Nach- und Vorbereitung pädagogischer Arbeit sowie Fokus auf die individuellen Bedarfe der Kinder – kurzum: durch erneute Reform des niedersächsischen Kindertagesstättengesetzes.
- Inklusion: Eine Pflicht zur inklusiven Arbeit in jedem Regelangebot einer Kita ist nur sinnvoll, wenn der praktische Rahmen gewährleistet ist. Es muss sichergestellt werden, dass ein angezeigter Förderbedarf für ein Kind zeitnah zu einem qualifizierten Angebot führt. Sinnvoll ist die gezielte Aufstockung und Sicherung des gesamtgesellschaftlichen Auftrags.

Dass der Bund die „Gute Kita"-Philosophie der früheren Familienministerin Franziska Giffey
(SPD) fortsetzt und in die Arbeit der Kitas investiert, sei zweifellos der richtige Ansatz. Aber,
so Groth: „Die Bundesmittel müssen umgehend effektiv und ergebnisorientiert eingesetzt
werden, um das immer fragiler erscheinende Angebot an Kitaplätzen zu stabilisieren."

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