AWO: Pflegeheimbewohnern werden Leistungen der Krankenkassen vorenthalten

14.07.2014

Verbandswechsel, Medikamentengabe, Blutdruckmessen – das alles sind Leistungen der medizinischen Behandlungspflege, die eigentlich von den Krankenkassen für alle Versicherten bezahlt werden. Außer man wohnt in einer stationären Pflegeeinrichtung. Dann wird nur das Verbandsmaterial oder das Medikament von der Krankenkasse übernommen. Die Behandlungspflege wiederum muss vom Selbstzahler über die Pflegesätze oder über Angehörige und Kommunen als Träger der Sozialhilfe finanziert werden. Vor einigen Tagen kursierten nun Presseberichte, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) über einen Wechsel der Zuständigkeit für die medizinische Behandlungspflege nachdenke und diese wieder in die Krankenkassen zurückführen wolle. „Das ist der richtige Weg“, bekräftigte Dr. Harald Groth, Vorsitzender der AWO Weser-Ems. Zwar dementierte das BMG diese Berichte gleich wieder, doch im Zuge der sich derzeit im Beratungsverfahren befindende Pflegereform, laufen der Bundesregierung die Kosten davon.

Aus Sicht der AWO wären bei einer Rückführung der Kosten für die medizinische Behandlungspflege in die Krankenkassen zwei Dinge zu beachten:

  1. Die Verlagerung der Kosten muss vor Ort möglichst unbürokratisch umgesetzt werden, ohne große zusätzliche Abrechnungs- und Vertragsaufwände

  2. In den 20 Jahren des Bestehens der  Pflegeversicherung kam es zu einer schleichenden Entwertung der Leistungen. Gleichzeitig hat der Aufwand medizinischer Behandlungspflege in Heimen zugenommen. Die Verlagerung der Kosten darf daher nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen und der Einrichtungen erfolgen, sondern muss vor Ort als angemessene Leistung ankommen. Die prognostizierten Kosteneinsparungen der Pflegeversicherung können dort gut gebraucht werden.

Entstanden ist die für Pflegeheimbewohner aus der Krankenversicherung abgekoppelte Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege bei der Einführung der Pflegeversicherung 1995. Damals wollte man die zu dem Zeitpunkt notleidenden Krankenkassen entlasten und siedelte die medizinische Behandlungspflege einfach bei der Pflegeversicherung an. „Ein Tatbestand, den wir seit Jahren kritisieren. Berechnungen auf Bundesebene haben ergeben, dass dadurch die Krankenkassen rund zwei Milliarden Euro einsparen, in Niedersachsen rund 200 Millionen Euro und die Leidtragenden die Pflegekassen und die zu Pflegenden beziehungsweise deren Angehörigen und die Kommunen sind“,  betont der AWO Weser-Ems Vorsitzende Dr. Harald Groth. Verwunderlich sei, so Dr. Groth, dass nicht schon lange die Kommunen gegen diese Sachlage protestiert haben. Schließlich würden sie hier Kosten übernehmen, die eigentlich gar nicht in ihr Ressort fallen, weil es Krankenversicherungsleistungen sind.

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